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Gemeinsames Treffen im Besucherzentrum der Salzgitter AG im Rahmen der Absichtserklärung (von links): Olaf Dewindenant, Leitung Stahlschrott Peine; Fabian Gerdes, Leiter Kundenlogistik SZFG; Eike Brünger, Geschäftsführer für Vertrieb und Logistik SZFG; Sandrina Sieverdingbeck, Geschäftsführerin DEUMU; Andreas Lemme, Geschäftsführer HGK Dry Shipping; Steffen Bauer, CEO HGK Shipping; Florian Bleikamp, Head of Chartering Canal der HGK Dry Shipping. (Quelle: Salzgitter AG / Fotograf: Frank Bierstedt) © Salzgitter AG; Frank Bierstedt
Gemeinsames Treffen im Besucherzentrum der Salzgitter AG im Rahmen der Absichtserklärung (von links): Olaf Dewindenant, Leitung Stahlschrott Peine; Fabian Gerdes, Leiter Kundenlogistik SZFG; Eike Brünger, Geschäftsführer für Vertrieb und Logistik SZFG; Sandrina Sieverdingbeck, Geschäftsführerin DEUMU; Andreas Lemme, Geschäftsführer HGK Dry Shipping; Steffen Bauer, CEO HGK Shipping; Florian Bleikamp, Head of Chartering Canal der HGK Dry Shipping. (Quelle: Salzgitter AG / Fotograf: Frank Bierstedt) © Salzgitter AG; Frank Bierstedt

Salzgitter AG macht ernst und sichert mit Zustellung von Hochofen A die Roheisenbasis in der Transformationsphase ab. Doch Nachhaltigkeit geht für den Stahlkocher noch weiter: Der Konzern und HGK Shipping fördern nachhaltige Lieferketten auf der Wasserstraße. Gute Nachrichten gibt es aber auch auf rein kommerzieller Ebene.

Der Salzgitter-Konzern vollzieht mit der jetzt beginnenden Neuzustellung von Hochofen A einen wichtigen operativen Schritt, um die Roheisenbasis in der schrittweisen Transformationsphase hin zur CO2-armen Stahlerzeugung bis 2033 abzusichern. In einer rund 100-tägigen Bauphase wird der Hochofen A generalüberholt – neu zugestellt, wie es in der Stahlindustrie heißt. Unter anderem wird die Feuerfest-Ausmauerung erneuert und die komplexe Prozess- und Steuerungstechnik modernisiert.

Wichtiger erster Schritt war jetzt der Abstich der „Ofensau“, bei dem das verbleibende Roheisen aus dem Hochofengestell abgelassen wurde. Für diese komplexe Baumaßnahme werden etwas mehr als 100 Mio. Euro investiert. Ein wesentlicher Partner ist die Pirson Montage AG. Die Vormaterialversorgung der internen Weiterverarbeitungsbetriebe und von Schwestergesellschaften in der Bauphase ist aufgrund der Vorproduktion von Brammen gewährleistet.

Ulrich Grethe, Vorsitzender Geschäftsführung Salzgitter Flachstahl GmbH, erklärt zur Neuzustellung: „Diese Investition ist ein starkes Signal, dass wir auch in der bis 2033 währenden Transformationsphase ein verlässlicher Partner unserer Kunden sein werden. Mit Salcos (Salzgitter Low CO2 Steelmaking) sind wir Vorreiter der industriellen Transformation. Das definierte Vorgehen mit Investitionen in den bestehenden Betrieb und gleichzeitigem Aufbau der neuen Verfahrensroute ist ein Alleinstellungsmerkmal in der Stahlbranche.“
Gerd Baresch, Geschäftsführer Technik Salzgitter Flachstahl GmbH, hierzu: „Wir verlassen schrittweise die Hochofenroute und haben bereits begonnen, den Verfahrensweg für neue Aggregate wie Direktreduktionsanlagen und Elektrolichtbogenöfen zu installieren. So werden wir bereits 2026 einen unserer Hochöfen außer Betrieb nehmen. Mit diesem Vorgehen im Rahmen von Salcos stellen wir den Stahlstandort Salzgitter mit seinen Arbeitsplätzen zukunftssicher auf.“
Der Hochofen A ist 1977 in Betrieb gegangen und wurde mehrfach neu zugestellt. Er hat eine Jahreskapazität von rund 2 Millionen Tonnen Roheisen.

Hochofen A in Salzgitter wird neu zugestellt © Salzgitter AG
Hochofen A in Salzgitter wird neu zugestellt
© Salzgitter AG

Nachhaltiger Transport

HGK Shipping und der Salzgitter-Konzern wollen ihre Zusammenarbeit intensivieren und künftig gemeinsam nachhaltige Logistikkonzepte auf der Wasserstraße fördern und ausbauen. Dazu haben zwei Tochterunternehmen der Salzgitter AG – Salzgitter Flachstahl und Deumu (Deutsche Erz- und Metall-Union) – und Europas größtes Binnenschifffahrtsunternehmen am 10. August in Salzgitter ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet.

Das übergeordnete Ziel ist, emissionsarme Logistikketten weiterzuentwickeln und zu etablieren. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Auf- und Ausbau paariger Verkehre; das heißt, der Generierung von Rückladung, um Leerfahrten zu vermeiden sowie auf der optimierten Auslastung des vorhandenen Schiffsraums. Die intelligente Kombination und Planung von Verkehren bieten sich in dieser Kooperation besonders an.
Während sich Salzgitter Flachstahl auf die Herstellung von Flachstahlprodukten etwa für Fahrzeug- und Röhrenhersteller und die Bauindustrie spezialisiert hat, ist die Deumu im Recycling und Handel von Stahlschrotten, Metallen und Legierungen aktiv. Beide Salzgitter-Unternehmen wollen in ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen verstärkt auf den Einsatz der Binnenschifffahrt in ihren Logistikketten setzen.
Unternehmen der Salzgitter AG sind an zahlreichen Standorten an das System Wasserstraße angeschlossen, so dass schon heute über eine Million Tonnen Stahl und Stahlvorprodukte jährlich per Binnenschiff auf Europas Wasserstraßen transportiert werden. Ein Anteil, der weiter steigerungsfähig ist, wenn die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden.

„Binnenschiff einer der nachhaltigsten Verkehrsträger“ Sandrina Sieverdingbeck, Geschäftsführerin Deumu, erklärt zur Kooperation: „Der Salzgitter-Konzern hat sich als strategisches Ziel gegeben, führend in der Circular Economy zu sein. Ein zentraler Baustein wird der Einsatz von Stahlschrott zur Rohstahlgewinnung sein. Dazu gehört auch die nachhaltige Logistik dieses so bedeutenden Sekundärrohstoffes. So wollen wir den Transportweg Wasserstraße weiter ausbauen. Dies kann nur mit starken Partnern gelingen.“

Fabian Gerdes, Leiter Kundenlogistik SZFG, unterstreicht ebenfalls die Bedeutung der angestrebten Kooperation: „Wir werden auch in den Liefer- und Logistikketten zunehmend nachhaltige Lösungen wie die Binnenschifffahrt etablieren. Diese findet bisweilen wenig Berücksichtigung in der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung, wenn es um das Thema Verkehrswende und Entlastung der Straße geht. Dabei ist das Binnenschiff heute schon einer der nachhaltigsten Verkehrsträger und elementar für die Stahlindustrie und bietet kurz- und mittelfristige Steigerungspotenziale beim Transportvolumen.“

Florian Bleikamp, Head of Chartering Canal der HGK Dry Shipping GmbH, betont: „Die Zusammenarbeit mit dem Salzgitter-Konzern bestätigt uns darin, dass der Bedarf an nachhaltigen Lösungen auf dem System Wasserstraße ungebrochen vorhanden ist. Zukunftsfähige Lösungen, die den Anforderungen von Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit entsprechen, können nur entstehen, wenn wir die Herausforderungen gemeinsam angehen – Industrie und Logistik Hand in Hand.“

Beteiligung am „Seafar“-Projekt

Auch Digitalisierung spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Die Kooperationspartner sind sich einig, mit ihren Transporten an dem Seafar-Pilotprojekt zum Test teilautonomer Binnenschifffahrt in Deutschland teilzunehmen, sobald dieses von den zuständigen Stellen freigegeben wird. Dazu werden Trockengüterschiffe, die HGK Shipping von und nach Salzgitter einsetzt, mit der entsprechenden Technologie für die Fernsteuerung von Land aus nachgerüstet. Mittelfristig soll die enge Zusammenarbeit zudem dazu beitragen, neuen und zusätzlichen Schiffsraum zu entwickeln, der die Anforderungen an eine innovative und nachhaltige Binnenschifffahrt und die Bedürfnisse der Stahlindustrie nach Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit gleichermaßen gerecht wird. Die Unterschrift des MoU ist nun der Startschuss für die weiteren Projekte.

Erfolgreich in schwieriger Lage

Nach dem ermutigenden Start in das Geschäftsjahr 2023 und einem sich sukzessiv eintrübenden wirtschaftlichen Umfeld, verzeichnete der Salzgitter-Konzern im ersten Halbjahr 2023 vorzeigbare 461 Mio. € EBITDA sowie 243 Mio. € Gewinn vor Steuern. Hierzu trugen insbesondere die Geschäftsbereiche Stahlverarbeitung und Stahlerzeugung sowie Technologie bei.
Trotz der hohen Investitionen vor allem in die Umsetzung des Transformationsprogramms Salcos verringerte sich die Nettofinanzverschuldung gegenüber dem Wert des Vergleichszeitraums bei einer gleichzeitig gestiegenen Eigenkapitalquote. Dies belegt die weiterhin sehr robuste bilanzielle und finanzielle Basis der Salzgitter AG.

Der Außenumsatz des Salzgitter-Konzerns reduzierte sich vor allem aufgrund der gegenüber der Vergleichsperiode rückläufigen Versandmengen sowie niedrigerer Durchschnittserlöse vieler Walzstahlprodukte um 12 Prozent auf 5,8 Mrd. € (H1 2022: 6,6 Mrd. €). Mit 461,0 Mio. € EBITDA (H1 2022: 1.138,5 Mio. €) und 242,6 Mio. € Gewinn vor Steuern (H1 2022: 970,5 Mio. €) wurde ein vorzeigbares Ergebnis erwirtschaftet.
Der Beitrag der at-equity (IFRS-Bilanzierung) einbezogenen Beteiligung an der Aurubis AG in Höhe von 29,3 Mio. € fiel spürbar niedriger aus als ein Jahr zuvor (H1 2022: 84,3 Mio. €). Aus 191,8 Mio. € (H1 2022: 781,0 Mio. €) Nachsteuergewinn errechnen sich 3,49 € Ergebnis je Aktie (H1 2022: 14,39 €).

Die Verzinsung des eingesetzten Kapitals (ROCE) lag bei 8,9 Prozent (H1 2022: 30,7 Prozent). Die Eigenkapitalquote verbesserte sich auf äußerst solide 44,8 Prozent (H1 2022: 42,2 Prozent). Die Nettofinanzverschuldung verringerte sich um nahezu 280 Mio. € gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres (–624,3 Mio.€; H1 2022: –901,4 Mio.€).

Für das Programm Salcos haben die Bundesrepublik Deutschland und das Land Niedersachsen Fördermittel zugesichert, die in Abhängigkeit der erfolgten Investitionen ausgezahlt werden. Von den zur Auszahlung beantragten Zuschüssen (60 Mio. €; H1 2022: 0 €) war per Ende Juni noch keine Zahlung eingegangen. Ein wesentlicher Teil dieser Investitionszuschüsse ist jedoch im Juli 2023 gezahlt worden.
Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Gunnar Groebler, kommentiert wie folgt: „Ungeachtet der Eintrübung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erwirtschaftete der Salzgitter-Konzern ein erfreuliches Halbjahresergebnis. Mit dem Förderbescheid der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Niedersachsen in Höhe von rund 1 Mrd. € zum Bau der ersten Stufe von Salcos, der Bestellung der Direktreduktionsanlage sowie weiteren Partnering-Vereinbarungen in den Bereichen Vertrieb und Energie, haben wir im Berichtszeitraum wichtige Meilensteine der Umsetzung unserer Konzernstrategie ‚Salzgitter AG 2030‘ erreicht. Besonders freut mich auch die im Juni erfolgreich abgeschlossene erstmalige Bewertung der Salzgitter AG durch die Ratingagentur EcoVadis. Wir wurden aus dem Stand mit einer Bronzemedaille zertifiziert. Diese Auszeichnung ist für uns Ansporn, uns weiter zu verbessern. Unser Portfoliomanagement haben wir mit dem Übergang der Salzgitter Bauelemente GmbH an den neuen Eigentümer und dem Verkauf der Berg Pipe-Gruppe vorangetrieben und werden dies konsequent fortsetzen.“

Finanzvorstand Burkhard Becker ergänzt: „Angesichts der aktuell erheblichen konjunkturellen Herausforderungen in unserem Kernmarkt Deutschland ist die Aufrechterhaltung der Umsatz- und Ergebnisprognose kein Selbstläufer. Sie ist vielmehr auch das Resultat der gezielten Diversifikation unserer Geschäftsaktivitäten sowie des Ergebnisverbesserungsprogramms „Performance 2026“, das integraler Bestandteil der Konzernstrategie ist. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen konjunkurellen Lage streben wir weiterhin an, unser Working Capital im laufenden Geschäftsjahr in mittlerer dreistelliger Millionen Euro Höhe abzubauen. Dies wird wesentlich zur Finanzierung von Salcos beitragen, ebenso wie die Förderung von Bund und Land, von der wir die erste Auszahlung im Juli erhielten. Dieser Prozess soll sich nun verstetigen.“

Ausblick

Bei einer erwartungsgemäß schwächeren zweiten Jahreshälfte und einem politisch und wirtschaftlich anhaltend volatilen Umfeld rechnen wir im Geschäftsjahr 2023 für den SalzgitterKonzern weiterhin mit
• einem Umsatz zwischen 11,5 Mrd. € und 12,0 Mrd. €,
• einem EBITDA zwischen 750 Mio. € und 850 Mio. €,
• einem Vorsteuergewinn zwischen 300 Mio. € und 400 Mio. € sowie
• einer spürbar unterhalb des Vorjahresniveaus liegenden Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE).

Web:
www.salzgitter-ag.com