„Wie aus einem Guss“

Die MSD 1000 bietet unter anderem einen Zick-Zack-Vorschub, Restbandverarbeitung und einen Werkzeugwechselwagen. © Wöhrle
Die MSD 1000 bietet unter anderem einen Zick-Zack-Vorschub, Restbandverarbeitung und einen Werkzeugwechselwagen. © Wöhrle

Die 10.000 Kilonewton starke Schuler-Servopresse für den Automobilzulieferer Wöhrle bietet zahlreiche innovative Extras.

Eine Coil-Breite bis 1.300 Millimetern mit Zick-Zack-Vorschub und Restbandverarbeitung, eine Richtmaschine mit wechselbaren Richtkassetten und ein Werkzeugwechselwagen für die Presse zur Minimierung der Rüstzeiten: Mit Besonderheiten wie diesen kann die Schuler-Servopresse aufwarten, die Wöhrle an seinem Produktionsstandort in Krautheim bei Heilbronn installiert hat. Die vielfältige Anlage vom Typ MSD 1000 mit einer Tischabmessung von 4.000 auf 1.800 Millimetern sorgt dadurch für die nötige Flexibilität für den Automobilzulieferer, um auf dem Markt erfolgreich zu sein.

„In der Automobilindustrie befinden sich derzeit alle Unternehmen in einer Transformation“, erklärt Geschäftsführer Michael Fahrenbach. „Jeder schaut nach vorn, aber keiner weiß mit Sicherheit, welche Produkte kommen werden.“ Je flexibler also eine Anlage, desto geringer das Risiko: „Durch die maximale Bandbreite von 1.300 Millimetern können wir extrem viel abdecken.“

Typische Bauteile gibt es für Wöhrle konsequenterweise auch nicht: Das Spektrum reicht von Komponenten für Getriebe, Batteriesysteme, Achsen, Schall- und Stoßdämpfer über Klimatechnik bis hin zu Leistungselektronik. Die Breite der Teile beginnt bei 300 Millimeter, das bisher längste entwickelte Bauteil misst 1.900 Millimeter.

Die Richtanlage mit 17 anstatt der standardmäßig neun Richtwalzen kann auch anspruchsvolles Material vorbereiten. © Wöhrle
Die Richtanlage mit 17 anstatt der standardmäßig neun Richtwalzen kann auch anspruchsvolles Material vorbereiten.
© Wöhrle

Teile aus Stahl, Aluminium, Edelstahl und Kupfer

Dank der Richtanlage mit 17 anstatt der üblichen neun Richtwalzen lässt sich uch anspruchsvolles Material so vorbereiten, dass die daraus entstandenen Produkte hohen Ansprüchen an die Geometrie und Qualität genügen. Egal, ob aus Stahl, Aluminium, Edelstahl oder Kupfer – einzige Voraussetzung: Das zugeführte Blech muss zwischen 0,9 und sechs Millimeter dick sein. Der Zick-Zack-Vorschub von Schuler sorgt dabei für eine hohe Materialausnutzung.
Dank eines besonderen Transfers sind auch die letzten zwei bis drei Meter eines Coils nutzbar, die bei herkömmlichen Anlagen normalerweise verloren sind. „Dadurch minimieren wir den Schrottanteil“, erklärt Werkleiter Ulrich Reustlen.

Eine fertige Lösung für eine solche Restbandverarbeitung gab es auf dem Markt nicht, weshalb Schuler sie zusammen mit Wöhrle kurzerhand selbst entwickelte. „Die Ressourcen sind auf der ganzen Welt knapp“, ergänzt Geschäftsführer Fahrenbach. „Indem wir Verschwendung vermeiden, tun wir vieles für die Nachhaltigkeit.“

Nachhaltigkeit wird großgeschrieben

Der Schrott, der noch anfällt, wird in drei Mulden sortenrein gesammelt, wodurch sich das anschließende Recycling erleichtert. Das Minimal-Schmiersystem, das die für den Umformprozess erforderliche Ölmenge reduziert, trägt ebenfalls zur Nachhaltigkeit bei – genauso wie die Wärmepumpe zur Klimatisierung der neu errichteten Werkshalle und die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. In einem zweiten und dritten Bauabschnitt ließe sich auch Platz für eine weitere Anlage schaffen.

Doch zurück zur jüngsten Neuanschaffung: Unter anderem mit Hilfe der Werkzeugwechselwagen ist die Umrüstung der kompletten Anlage in nur einer halben Stunde möglich, die Tryout-Funktion unterstützt beim Einrichten und Einfahren von neuen Werkzeugen. Um mögliche Kollisionen bereits vorab zu erkennen und den Teiledurchlauf zu optimieren, hat Wöhrle darüber hinaus in die Simulations-Software „DigiSim“ von Schuler und die dazugehörige Schulung der Bediener und Werkzeug-Konstrukteure investiert. Ein effektiver Schallschutz garantiert dabei angenehme Arbeitsbedingungen auch direkt an der Presse.

„Durch die maximale Bandbreite von 1.300 Millimetern können wir extrem viel abdecken“, freut sich Geschäftsführer Michael Fahrenbach. © Wöhrle
„Durch die maximale Bandbreite von 1.300 Millimetern können wir extrem viel abdecken“, freut sich Geschäftsführer Michael Fahrenbach.
© Wöhrle

„Der Schuler kann so etwas“

Die Bandanlage schiebt das Blech übrigens nicht nur vor, sondern kann es im Bedarfsfall auch wieder ein Stück zurückziehen. Das eröffnet die Möglichkeit, die Presskraft im Umformprozess gezielter einzusetzen und beispielsweise Teile zu produzieren, die sonst nur auf einer 1.250-Tonnen-Maschinen laufen könnten. „Uns war schon im Vorfeld klar: Der Schuler kann so etwas“, erzählt Werkleiter Reustlen. Gemeinsam mit Schuler habe Wöhrle die einzelnen Funktionen nacheinander entwickelt und integriert: „Der Teamspirit war ein Schlüssel des Erfolges.“

Beide Seiten unterstützten sich gegenseitig immer mit „Leidenschaft und Biss“, wie es Geschäftsführer Fahrenbach formuliert. Das Ergebnis, so Reustlen: „All unsere Anforderungen wurden erfüllt.“ Sämtliche Komponenten seien perfekt aufeinander abgestimmt, die Schaltschränke platzsparend über der Bandanlage angebracht: „Das ist eine Anlage wie aus einem Guss.“

Zahlen & Fakten

Schuler bietet kundenspezifische Spitzentechnologie in allen Bereichen der Umformtechnik – von der vernetzten Presse bis hin zur Presswerksplanung. Zum Produktportfolio gehören neben Pressen auch Automation, Werkzeuge, Prozess-Know-how und Service für die gesamte metallverarbeitende Industrie. In der Digital Suite versammelt Schuler Lösungen zur Vernetzung der Umformtechnik und entwickelt diese ständig fort, um die Produktivität und Verfügbarkeit der Anlagen weiter zu verbessern. Zu den Kunden zählen Automobilhersteller und -zulieferer sowie Unternehmen aus der Schmiede-, Hausgeräte- und Elektroindustrie. Pressen aus dem Schuler-Konzern prägen Münzen für mehr als 180 Länder. Schuler wurde 1839 am Hauptsitz in Göppingen (Deutschland) gegründet und ist mit rund 5.000 Mitarbeitern an Produktions-Standorten in Europa, China und Amerika sowie Service-Gesellschaften in über 40 Ländern vertreten. Das Unternehmen ist Teil des internationalen Technologiekonzerns Andritz.

Web:
www.schulergroup.com/Stamping_Cutting