Teilepreis und CO2-Fußabdruck in einem Zug

Das CO2-Zertifikat verschafft eine Übersicht über die Emissionen. © Peter Thielen
Das CO2-Zertifikat verschafft eine Übersicht über die Emissionen. © Peter Thielen

Scharf kalkulierte Preise und Spitzenqualität reichen nicht mehr aus – mittelständische Zulieferer müssen inzwischen ihren Kunden neben dem Teilepreis oft auch den produktspezifischen CO2-Fußabdruck nennen. Um diese Anforderung erfüllen können, hat die Peter Thielen Industrieberatung ihre Software Calcstar dafür weiterentwickelt.

Dirk Mühhause, Geschäftsführer der Mühlhause GmbH in Velbert © Mühlhause GmbH
Dirk Mühhause, Geschäftsführer der Mühlhause GmbH in Velbert
© Mühlhause GmbH

Vor allem die großen Automobilhersteller (OEMs) und damit auch die großen Systemlieferanten auf Tier1- und Tier2- Ebene verlangen von ihren Zulieferern, dass sie bereits mit der Angebotsabgabe den produktbezogenen CO2-Fußabdruck (PCF) dokumentieren. Sowohl für das eingesetzte Material als auch für die einzelnen Fertigungsprozesse müssen die Zuliefererbetriebe die CO2-Emissionen ermitteln und offenlegen. Allerdings stellen nicht alle Rohmaterial- und Zulieferanten die Daten zum verursachten CO2 bereit. Die Berechnung der Emissionen kann daher sehr zeitaufwändig sein.

Mittlerweile bieten mehrere frei zugängliche Datenbanken umfangreiche Informationen an. Zum Beispiel hält das Deutsche Umweltbundesamt mit Probas (https://www.probas.umweltbundesamt.de/php/index.php) eine umfangreiche Datensammlung bereit.

CO2-Menge schon bei der Produktgestaltung erkennbar

Solche Daten zu den CO2-Emissionen hat die Peter Thielen Industrieberatung aus dem sauerländischen Menden bereits in ihr Kalkulationsprogramm Calcstar aufgenommen. Dadurch ist schon bei der Methodenplanung erkennbar, bei welchen Materialien, Zubehörteilen und Arbeitsschritten welche CO2-Emmissionen anfallen. Die Nutzer können somit nach umweltschonenderen Herstellmöglichkeiten suchen.
Synchron zur Angebotskalkulation erstellt Calcstar ein CO2-Zertifikat, in dem die einzelnen Werte den Kategorien zu Scope 1 bis 3 zugeordnet sind. So kommt der Kalkulator mit einem Klick zum Ziel und erspart sich aufwändige Doppelberechnungen. Separate Ermittlungen von Teilepreis und CO2-Emissionen aus unterschiedlichen Quellen entfallen.

Ein Anwender, der die in Calcstar integrierte CO2-Berechnung schon länger nutzt, ist die Mühlhause GmbH in Velbert. Der Spezialist für Stanz- und Umformtechnik arbeitet branchenunabhängig und legt Wert darauf, seine Kunden bei ihren Projekten über den kompletten Prozess zu begleiten. Dazu gehört natürlich auch, den CO2-Fußabdruck zu berechnen.

Geschäftsführer Dirk Mühhause ist von dem Verfahren überzeugt: „Die Nutzung dieses CO2-Tools – abgesehen von den Kundenforderungen – ist mir auch ein persönliches Anliegen, die CO2-Erzeugung bei der Produktion sicht- und messbar zu machen und gegenzusteuern, um einen aktiven Beitrag zur Klimaverbesserung zu leisten!“

Degressiver Verlauf der Stückkosten mit zunehmender Menge bei Anwendung der Prozesskostenrechnung. Der Stückpreis bei der Zuschlagskalkulation verläuft linear. © Peter Thielen
Degressiver Verlauf der Stückkosten mit zunehmender Menge bei Anwendung der Prozesskostenrechnung. Der Stückpreis bei der Zuschlagskalkulation verläuft linear.
© Peter Thielen

Kalkulationsmethode entscheidet über Unternehmenserfolg

Die Kalkulationssoftware Calcstar kann noch viel mehr. „Wer sich im turbulenten Verdrängungswettbewerb Ertragseinbußen vermeiden will, kommt ohne eine transparente, aussagefähige Kalkulationsmethode kaum klar“, erklärt Thielen.

In seinen Seminaren, die er in jüngster Zeit unter anderem beim Industrieverband Blechumformung (IBU) und auch beim Deutschen Federnverband (VDFI) durchgeführt hat, plädiert er dafür, die traditionelle Zuschlagskalkulation zu optimieren. Dabei weist er darauf hin, dass der Aufschlag wertbasierender, prozentualer Gemeinkostensätze zu unverträglichen Preisverzerrungen führt: Größere Serien werden überteuert, Kleinaufträge werden dagegen subventioniert angeboten. Wer dagegen seine Angebotspreise mit verursachungsgerechteren Prozesskosten kalkuliert, verbessert seine Chancen, lukrative Aufträge zu akquirieren.

Thielen hat einen weiteren Vorschlag parat: Parallel zur gewohnten Zuschlagskalkulation soll eine Deckungsbeitragsrechnung erstellt werden. Der direkte Vergleich beider Kalkulationsmethoden erleichtert es den Preisverantwortlichen die Entscheidung, bei schwierigen Preisverhandlungen die noch vertretbare Preisuntergrenze zu bestimmen.

Zeitaufwand in Stunden in allen Prozessbereichen – einschließlich Administration © Peter Thielen
Zeitaufwand in Stunden in allen Prozessbereichen – einschließlich Administration
© Peter Thielen

Prozesszeiten im Verwaltungsbereich ermitteln

Mit Calcstar lassen sich auch die notwendigen Prozesszeiten in den administrativen Bereichen wie in der Arbeitsvorbereitung, im Qualitätsmanagement und in der Materialwirtschaft sowie im oft kostenträchtigen Verwaltungs- und Vertriebsbereich stundengenau kalkulieren. Thielen: „In der Fertigung ist es ja seit Jahrzehnten üblich, für jeden Arbeitsgang den benötigten Zeitaufwand minutengenau zu ermitteln. Nun können von den Controllern alle Verwaltungsbereiche unter die Lupe genommen werden, wo Rationalisierungspotenziale liegen.“

Stéphane Itasse, freier Fachjournalist

Web:
www.thielen.biz