Mikro-Wasserstrahlschneiden jetzt auch im Großformat

Die neue Mikro-Wasserstrahlschneidmaschine M5 von Waterjet kann Tafeln im Handelsformat 2.000 x 1.000 mm verarbeiten. © Klaus Vollrath
Die neue Mikro-Wasserstrahlschneidmaschine M5 von Waterjet kann Tafeln im Handelsformat 2.000 x 1.000 mm verarbeiten. © Klaus Vollrath

Das vom Schweizer Unternehmen Waterjet entwickelte Mikro-Wasserstrahlschneiden ist mit Strahldurchmessern bis herab auf 150 µm wesentlich präziser als die branchenübliche 800-µm-Technologie. Bei den früheren Maschinen der Baureihe F4 wurde der Arbeitsbereich auf 600 x 1.000 mm begrenzt, um die angegebene Genauigkeit gewährleisten zu können. Fortschritte im Maschinenbau machen es jetzt möglich, mit der neuen „M5“ auch Tafeln im handelsüblichen Format 2.000 x 1.000 mm mit gleicher Präzision zu schneiden.

Dank der neu entwickelten Düsen mit einem Strahldurchmesser von nur noch 150 µm lassen sich noch filigranere Bauteile herstellen. © Klaus Vollrat
Dank der neu entwickelten Düsen mit einem Strahldurchmesser von nur noch 150 µm lassen sich noch filigranere Bauteile herstellen.
© Klaus Vollrat

„Die bisherige Begrenzung des Arbeitsbereichs unserer F4-Maschinen bedingte sowohl technische als auch wirtschaftliche Nachteile“, erläutert Walter Maurer, Gründer und Präsident des Verwaltungsrats der Waterjet AG in Aarwangen (Schweiz). Dies begann schon mit dem Zeitaufwand für das mehrfache Zerteilen der Platten, die handelsüblich im Format 2.000 x 1.000 mm geliefert werden. Zudem verblieb danach ein 200 mm breiter Reststreifen, der oft genug im Schrott landete.

Mussten trotz der Größenbeschränkungen des Arbeitsbereichs Teile mit größeren Abmessungen hergestellt werden, so wurde ein Blech mit entsprechendem Übermaß eingespannt und nach einem ersten Bearbeitungsdurchgang um die erforderliche Distanz versetzt. Beim Umspannen kommt es jedoch zwangsläufig zu Versatz- und Winkelfehlern und entsprechenden Qualitätseinbußen am Werkstück.

Noch gravierender ist jedoch der Materialverlust durch den „Randeffekt“ beim Verschachteln von Teilen auf der Arbeitsfläche. Die materialsparende Anordnung der Teile auf dem Blech wird umso stärker eingeschränkt, je größer die Teile im Verhältnis zu den Abmessungen der Arbeitsfläche sind. In ungünstigen Fällen können diese Gitterverluste Werte von über 50 Prozent erreichen, was deutlich über dem üblichen Durchschnitt von 30 Prozent liegt. Und last-not-least kann eine größere Maschine je nach Jobcharakteristik wesentlich länger auch nach Schichtende oder ins Wochenende hinein mannlos laufen.

Präzisions-Maschinenbau für höchste Genauigkeit

„Bei den erheblich größeren Abmessungen des neuen Systems mussten wir uns einiges einfallen lassen, um mindestens die gleichen Genauigkeitswerte wie bei der Vorgängerversion F4 sicherzustellen“, verrät W. Maurer. Das beginne schon mit dem Maschinenbett: Dieses besteht aus einer Chromstahl-Konstruktion, die mit acht Tonnen vibrationsdämpfenden Mineralbetons ausgegossen wurde.

Die drei Hauptachsen verfügen über hochpräzise Kugelrollspindeln und die Positionsmessung erfolgt durch temperaturunempfindliche Glasmessstäbe mit einer Auflösung von zehn Nanometern. Der Werkstückträger ist vom Wasserbecken und den darin auftretenden Vibrationen mechanisch entkoppelt. Die Wiederholgenauigkeit der Achsen liegt bei 0,5 µm. Auf der Anlage kommen auch die neuen Düsen mit einem Schneidstrahl-Durchmesser von nur noch 150 µm zum Einsatz. Damit lassen sich bei entsprechend dünnem Material Schneidspaltbreiten von nur noch 170 µm erreichen. Am Werkstück sind damit Genauigkeiten bis 5 µm erzielbar.

Für mechanische Bearbeitungen kann der Arbeitskopf zusätzlich mit einer Hochfrequenz-Bohrspindel mit eigener Z-Achse ausgerüstet werden. Damit können auch Startlochbohrungen in laminierte Materialien wie Glas- oder Kohlefaser-Verbundwerkstoffe eingebracht werden. Würde man stattdessen versuchen, solche Bohrungen mit dem Höchstdruck-Wasserstrahl zu erzeugen, so könnten Materialschäden durch Delamination auftreten.

Messprotokoll der Kalibrierung der Bewegung des Strahlkopfs durch einen Kreis mit 50 mm Ø mit Hilfe eines Kreuzgitter-Messgeräts Heidenhain KGM-181 © Kunz Precision
Messprotokoll der Kalibrierung der Bewegung des Strahlkopfs durch einen Kreis mit 50 mm Ø mit Hilfe eines Kreuzgitter-Messgeräts Heidenhain KGM-181
© Kunz Precision

Genauer dank Formanalyse des Wasserstrahls

„Aufgrund genauer Untersuchungen wissen wir, dass der Wasserstrahl nie exakt rund ist. Die Rundheits-Abweichungen betragen bis zu 3 µm“, erklärt Walter Maurer. Um dies zu berücksichtigen, wird nach dem Einbau einer neuen Düse die genaue Geometrie des Wasserstrahls mit Hilfe eines patentierten Verfahrens ermittelt. Dafür wird in einem Blech ein Loch mit einem Durchmesser von 2 mm erzeugt, dessen Geometrie unter einem hochgenauen Messmikroskop exakt vermessen wird. Die dabei registrierten Rundheitsabweichungen werden als Funktion des Winkels in der Steuerung hinterlegt und beim Einsatz kompensiert. Hierfür wird die tatsächliche Kontur des Wasserstrahls jeweils tangential zur gewünschten Außenkontur des Werkstücks geführt. Voraussetzung hierfür ist, dass die CAM-Software zwischen Werkstück- und Restgitterseite unterscheiden kann.

Konturabhängige Anpassung der Arbeitsparameter

„Bei der CAM-Software können wir die Arbeitsparameter an spezielle Anforderungen bestimmter Bereiche der Teilekontur anpassen“, erläutert Walter Maurer weiter. Beispiel ist das Schneiden von scharfen Ecken oder schmalen Spalten, wofür die Schnittgeschwindigkeit herabgesetzt wird, um der Teilekontur wirklich sauber folgen zu können. Diese Verlangsamung hätte bei gleichbleibendem Arbeitsdruck des Wasserstrahls allerdings eine unerwünschte Verbreiterung des Schnittspalts zur Folge. In solchen Fällen ermöglicht die Maschinensteuerung einen zusätzlichen „Kniff“, indem sie in diesem Bereich den Druck des Schneidstrahls entsprechend reduziert. Deshalb gehört zur M5 eine moderne Hochdruckpumpe mit Servoantrieb. Durch diese Kombination wird es auch möglich, den Druck bei bestimmten Operationen wie dem Einstechen vorübergehend herabzusetzen, um nachteilige Auswirkungen wie das unerwünschte Umherspritzen abrasivbeladenen Wassers nach oben zu verringern.

Eine weitere Besonderheit der Steuerung ist die Option, hochpräzise Löcher in zwei Durchgängen zu erzeugen. Im ersten Arbeitsgang wird der größte Teil der Bohrung mit maximaler Arbeitsgeschwindigkeit freigeschnitten, so dass nur noch eine geringe Restwanddicke stehenbleibt. In einem zweiten Durchgang wird diese dann mit geringerer Geschwindigkeit unter maximaler Nutzung der Möglichkeiten der Formanpassung des Strahls mit größtmöglicher Präzision herausgearbeitet. Die Vorgehensweise kann in etwa mit den Schrupp- und Schlichtdurchgängen beim Fräsen verglichen werden. Vorteil ist eine senkrechtere Schnittkante mit glatterer Oberfläche.

Besonderheit bei diesen Strategien ist das Zusammenspiel von CAM-Software (Bysoft) und speziellen MWJ-Tools in der Beckhoff-Steuerung der M5. Der Programmierer in der Arbeitsvorbereitung markiert hierfür die gewünschten Partien der Teilekontur mit entsprechenden Makros. Diese werden dann von der Steuerung erkannt und vom MWJ-Tool entsprechend umgesetzt.

Walter Maurer: „Die M5 weist zahlreiche Verbesserungen auf, um höchstmögliche Präzision und Reproduzierbarkeit des Arbeitsergebnisses zu gewährleisten.“ © Klaus Vollrath
Walter Maurer: „Die M5 weist zahlreiche Verbesserungen auf, um höchstmögliche Präzision und Reproduzierbarkeit des Arbeitsergebnisses zu gewährleisten.“
© Klaus Vollrath

Ein Höchstmaß an Prozesskontrolle

„Zu unseren Kunden gehören Branchen wie die Medizintechnik, die an ihre Lieferanten höchste Anforderungen bezüglich Reproduzierbarkeit der eingesetzten Prozesse stellen“, weiß W. Maurer. Auch diese Vorgaben könne die M5 erfüllen. So werde für jede Maschine die Maschinen- und die Prozessfähigkeit anhand von Testbearbeitungen zum Beispiel an 2-mm-Chromstahlblechen ermittelt, wobei Cpk-Werte von 1,33 angestrebt werden. Darüber hinaus werde an Konzepten zur Optimierung der Schnittkantenqualität gearbeitet.

Als weitere Maßnahme bietet die Anlagensteuerung über die Möglichkeit, sämtliche Parameter des Prozesses in Form einer PDF-Datei zu archivieren, so dass sie auch später noch den damit produzierten Teilen zugeordnet werden können. Als weitere Funktion ist die Archivierung dieser Parametersätze in einer sogenannten MEF-Datei möglich. Diese Datei wird ebenfalls archiviert und reproduziert nach Aufruf exakt sämtliche damals gewählten Einstellungen der Maschine, so dass der Herstellprozess für Wiederholteile in allen Details reproduziert werden kann.

Web:
www.waterjet.ch