Effiziente Drahtförderung in modernen Schweißanlagen

Jede Umschlingung kostet Kraft. Deshalb versucht der RoboFeed WireManager, den Reibwert gegen 0 zu drücken. © Migal.Co
Jede Umschlingung kostet Kraft. Deshalb versucht der RoboFeed WireManager, den Reibwert gegen 0 zu drücken. © Migal.Co

In automatisierten Schweißprozessen, insbesondere beim Lichtbogen- und Strahlschweißen, stellt die zuverlässige Drahtzuführung eine zentrale Herausforderung dar. Zunehmend wird der Schweißdraht aus logistisch günstig positionierten Drahtfässern zum Hauptdrahtantrieb transportiert, der sich auf einem Roboterarm befindet. Die Förderstrecke kann dabei mehr als 20 bis 30 Meter betragen und umfasst häufig zahlreiche Biegungen. Diese führen zu erheblicher Reibung innerhalb des Drahtförderschlauchs, was die Drahtzufuhr behindert oder im Extremfall blockiert. Jede Biegung des Drahtförderschlauchs addiert zusätzliche Reibung und gemäß der Seilreibungs-Formel von Euler-Eytelwein

F2 = F1 · e(µ·α)

nimmt die Zugkraft, mit der der Draht durch einen Schlauch gezogen werden muss, mit dem Umschlingungsinkel exponentiell zu.
Symbol Bedeutung
F1 Zugkraft auf der losen Seite (zum Beispiel am Drahtfaß)
F2 Zugkraft auf der Zugseite (zum Beispiel am Eintritt in den Drahtvorschub)
µ Reibungskoeffizient zwischen Draht und Schlauch oder Unterlage
α Umschlingungswinkel im Bogenmaß (nicht Grad!)
e Eulersche Zahl ≈ 2,718

Ebenso exponentiell geht der Reibungskoeffizient in die Formel ein. Der Reibungskoeffizient ist eine dimensionslose Zahl, die angibt, wie viel Kraft nötig ist, um zwei Materialien aneinander zu bewegen – bezogen auf die Normalkraft (also die Kraft, mit der sie aufeinander gedrückt werden). Hier können auch moderne Drahtförderschläuche mit Rollenpaaren (Rolliner) anstelle von Kunststoff oder Stahlspiralen ihre Vorteile ausspielen.

Aufgrund der geringeren Rollreibung im Vergleich zur Gleitreibung reduziert sich der Reibungskoeffizient erheblich und da dieser exponentiell in die Gleichung eingeht, ist der erzielbare Effekt äußerst signifikant. Bei großen Roboteranlagen mit einer Summe der Umschlingungswinkel von mehr als 1000 Grad (zum Beispiel Drahtführung in mehreren Energieketten) reicht auch der Einsatz eines Rolliners nicht mehr aus, um prozessstabile Drahtführungen zu erreichen.

Der RoboFeed WireManager überwacht und zeigt alle wichtigen Größen. © Migal.Co
Der RoboFeed WireManager überwacht und zeigt alle wichtigen Größen.
© Migal.Co

Funktionsprinzip des RoboFeed WireManagers

Der RoboFeed WireManager wurde entwickelt, um diese Problematik zu lösen. Durch eine stufenlos einstellbare, konstante Vorschubkraft wird die Drahtelektrode gezielt an die Außenseite des Förderschlauchs gedrückt. Dadurch verlagert sich die Reibung von der Innenseite an die Außenseite des Schlauchs und der Draht kann sich nicht mehr an der Innenseite des Schlauches „festziehen“. Dies funktioniert sowohl mit herkömmlichen Drahtförderschläuchen auf Gleitreibungsbasis, als auch mit dem Rolliner. Die überbrückbaren Biegewinkel steigen auf mehr als 2000 Grad und die Längen auf mehr als 50 m. Im optimal eingestellten Zustand kann der Draht am Ende des Schlauchs mit minimalem Kraftaufwand (zwei Finger) entnommen und kontrolliert werden. Das Drahtvorschubgerät des Roboters muss somit kaum eigene Vorschubkraft zum Durchziehen des Drahtes durch den vorausgehenden Drahtförderschlauch aufbringen.

Entscheidend für die optimale Funktion eines solchen Drahtantriebs ist seine Feinfühligkeit. Die Kraft, mit welcher der Draht in den Schlauch geschoben wird, muss sehr fein einstellbar sein, um ein Ausklicken des Drahtes zu vermeiden, und die Reaktion auf Geschwindigkeitsänderungen seitens des Hauptantriebs muss sehr rasch erfolgen.

Autonomer Betrieb ohne elektrische Kopplung

Eine Besonderheit des Systems ist sein autonomer Betrieb: Der RoboFeed benötigt keine elektrische Verbindung zum Roboter oder zum Drahtantrieb der Schweißstromquelle. Er erkennt quasi selbstständig, ob der Hauptantrieb läuft oder steht, und passt die Drahtförderung automatisch an. Egal ob der Hauptantrieb gerade steht oder mit voller Geschwindigkeit läuft, wird RoboFeed von hinten immer mit der gleichen, eingestellten Kraft nachfördern. Eine elektrische Schnittstelle (24 Volt) steht jedoch für ein Start-Stop-Signal zur Verfügung.

Drahteinfädeln mit Pfiff

Die Länge des Drahtförderschlauchs kann entweder im Rahmen eines Setup erlernt oder auch individuell eingestellt werden. In einem Einfädelprozess wird somit auf Knopfdruck genau die vorhergesehene Länge eingefädelt und der Antrieb stoppt anschließend selbsttätig. Sollte es während des Einfädeln zu einer Blockade des Drahtes kommen (zu enge Biegung des Drahtförderschlauches) wird der Draht automatisch eine bestimmte Länge zurückgezogen und anschließend wieder vorgeschoben – so lange bis die voreingestellte Strecke erreicht wurde, oder der Bediener den Vorgang abbricht.

Füllstandskontrolle – Stillstände vermeiden

Über das spezifische Gewicht des Drahtes und den Durchmesser lässt sich die durch RoboFeed transportierte Drahtmenge berechnen. Dies ermöglicht es, den Füllstand des Gebindes (Drahtfass oder Spule) zu überwachen und bei Unterschreiten einer bestimmten Menge eine Warnung auszugeben. Diese Warnung erfolgt optisch am Bildschirm, durch ein elektrisches Signal oder durch das Versenden einer Email. Somit wird der Anlagenführer rechtzeitig vor einem Drahtende gewarnt und aufgefordert sich auf den Gebindewechsel vorzubereiten.

Materialverwechslungen verhindern

An die USB-Schnittstelle von RoboFeed WireManager kann ein Barcodescanner angeschlossen werden. Damit kann das Etikett der Drahtelektrode (Migal.Co-Etikett) gelesen und die Artikelnummer des Drahtes mit einer eingestellten Artikelnummer verglichen werden. Bei Übereinstimmung wird der Drahtwechsel durchgeführt und das Gewicht des Drahtgebindes in die Einstellungen übernommen. Falls die Nummern ungleich sind wird der Drahtwechsel abgelehnt.

Lichtbogenzeiten und Drahtverbrauch ermitteln

Mit der eingebauten Stoppuhrfunktion kann der bauteilbezogene Drahtverbrauch ermittelt werden. Ebenso ist es möglich, die Gesamtschweißzeit und die Einschaltdauer (Lichtbogenbrennzeit) für einen bestimmten Zeitraum zu messen.

Industrie 4.0 Funktionen

Bei der Version i4 des RoboFeed WireManagers steht eine Ethernetschnittstelle zur Verfügung. Damit ist es möglich, bei Unterschreiten eines Mindestfüllstandes eine Email zu versenden. Weiters können per MQTT-Protokoll in Sekundenintervallen Werte zu Drahtgeschwindigkeit, Drahtcharge, Auslastung et cetera an einen übergeordneten Rechner übermittelt werden.

Web:
www.migal.co

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