Oft sind mit Umstrukturierungen in Unternehmen auch Neuanschaffungen verbunden. Ein Blechverarbeiter aus dem niederbayerischen Salching investierte in neue Entgrat- und Schleiftechnik. Und mit Blick auf die Unternehmensneuausrichtung wurde aus einer geplanten neuen Anlage ein Paket von insgesamt drei Anlagen. Jetzt sind Effizienz und umfängliche Flexibilität sichergestellt.
Bis März 2019 war die Sturm Blechverarbeitung ein Teil der Sturm-Gruppe, einem global agierenden Unternehmen in den Bereichen Automatisierungstechnik, Fördertechnik, Oberflächentechnik und Vision Technologies. Mit einem Investoreneinstieg wurde Sturm Blechverarbeitung dann zum April 2019 eigenständig und zu einem unabhängig agierenden Unternehmen. Bereits seit einigen Jahren hat es ein Umsatzvolumen, das bei etwa 30 Millionen Euro liegt.
Roland Lukas, kaufmännischer Geschäftsführer der Sturm Blechverarbeitung GmbH, betrachtet die Zahlen immer unter Berücksichtigung der strategischen und technischen Zukunftsanforderungen. „Mit den neuen Investoren wurde ein komplexer zukunftsgerichteter Investitionsplan aufgestellt. Eine neue Halle kam dazu, um den Komplettdurchfluss vom Laserteil bis zur Montage effizient zu gestalten. Zudem sollte das Produktportfolio abgerundet werden und es sollten verstärkt Baugruppen mit Montage angeboten werden. Dazu werden seither Laser-Kantteile gefertigt. Entgraten und Richten sind in diesem Kontext wesentliche Themen mit Blick auf die Qualität. Und auch die Automatisierung war ein Punkt, der verbessert werden sollte“, fasst er zusammen.
Mit der Umsetzung verschiedener Maßnahmen, zu denen auch die Neuanschaffung der Anlagentechnik gehörte, soll im Zuge der Neuausrichtung in den nächsten Jahren ein Wachstum von 10 bis 20 Prozent erreicht und auch das Personal etwas aufgestockt werden. Vor diesem Hintergrund galt es im ersten Schritt, für vorhandene, schon ältere Entgratmaschinen einen Ersatz zu beschaffen.
Zudem wurde durch die Automatisierung beziehungsweise das neue Stopa-Blechregallager an der Laseranlage nun ein großer Teile-Durchsatz erreicht, der mit manueller Arbeit nicht mehr bewältigt werden konnte und aufgefangen werden sollte. Gefragt war also neue und effizient arbeitende Anlagentechnik, die sich in diese Prozesse eingliedern lässt.
Alexander Luft, Leiter Endfertigung bei Sturm Blechverarbeitung, hatte die Aufgabe, zu definieren, welche Anlagen- und Leistungsanforderungen mit der neuen Technik umgesetzt werden sollten, um dem entstandenen erhöhten Materialdurchfluss und der damit verbundenen Produktivitätssteigerung sowie der Unternehmensneuausrichtung gerecht zu werden.
Das Wunschpaket der Maschinenausstattung
„Wir wollten flexibler in der Bearbeitung verschiedener Geometrien und Abmessungen der Produkte werden. Auch die steigenden Anforderungen an den Oberflächenschliff und Kantenbruch, also verletzungsfreie Geometrien, sind als Qualitätsmerkmal für unsere Kunden sehr wichtig. Und nicht zuletzt sollten die Mitarbeiter bei der Kleinteile-Bearbeitung entlastet werden“, benennt Luft einige Anforderungen.
Ausgangspunkt waren dementsprechend Überlegungen zur Neuanschaffung eines Kleinteileschleifautomaten. Da bei Sturm Blechverarbeitung viele kleine Teile im Scheckkartenformat in großen Stückzahlen noch mit handgeführten Schleifmaschinen bearbeitet wurden, sollte hier Effizienz geschaffen werden. Die Entscheidung fiel auf eine SBM-XS von Lissmac Maschinenbau, die sich für eine beidseitige Entgratung und gleichmäßige Kantenverrundung gestanzter sowie laser- und feinplasmageschnittener Werkstücke mit Abmessungen von 25 x 25 x 1 mm bis 200 x 200 x 15 mm in nur einem Arbeitsgang eignet.
Bei einem Vororttermin in Bad Wurzach konnten Alexander Luft und der technische Geschäftsführer Reinhold Schultes diese Anlage sowie auch die Entgratmaschinen SMD1 und SMD3 genauer anschauen. „Wir wollten grundsätzlich mit Blick auf die Geometriegröße der zu bearbeitenden Teile mehr Unabhängigkeit erreichen. Deshalb waren auch diese beiden Anlagen interessant für uns“, ergänzt er.
Insbesondere die SMD 335 konnte bei den Anwendern von Sturm Blechverarbeitung punkten. Sie ist vielseitig einsetzbar: für die Entgratung, die Kantenverrundung, das Finishing und die Oxidschichtentfernung genauso wie für die Kleinteilebearbeitung unabhängig von der Teilegeometrie. Auf dem Powergrip-Gurt, auf dem die Teile bei der Bearbeitung liegen, werden diese durch die hohe Haftkraft ohne Magnet oder Vakuum fixiert. Zudem wird der Gurt kontinuierlich feucht abgereinigt, so dass dem Bediener immer eine saubere Auflagefläche vorliegt. Darüber hinaus bietet die Anlage Möglichkeiten zur Automatisierung und zur Integration in eine Fertigungslinie.
Die Trockenschleiftechnik war für Sturm Blechverarbeitung neu, denn bisher wurde Nassschleifen eingesetzt. „Bei dieser Anlage ist jedoch ein besserer Kantenbruch, eine bessere Oberflächenqualität und auch ein größerer Durchsatz realisierbar, als bei den Bestandsmaschinen. Auch die Standzeit des Schleifmittels ist deutlich höher“, nennt Luft einige Vorteile.
Natürlich war es im Vorfeld eine Herausforderung, den richtigen Anlagenlieferanten zu finden. Auch die Infrastruktur musste geschaffen werden. Das heißt: Die Flächen mussten zur Verfügung stehen und die Versorgungsmedien mussten angeschlossen werden. Und nicht zuletzt kam es auch darauf an, das richtige Personal für die Bedienung der Anlagen zu finden. Bei der Suche nach dem Anlagenlieferanten war Lissmac gleich das Unternehmen der Wahl, so Alexander Luft rückblickend.
Mit dem ersten Auftrag überzeugt
Den ersten gemeinsamen Auftrag realisierten die Sturm Blechverarbeitung und Lissmac im Frühjahr 2019. Und der hatte es in sich, denn er umfasste gleich einige sehr wichtige und durchaus kritische Teile, die mit einer geplanten neuen Anlage bearbeitet werden sollten. Deshalb war es im Vorfeld und mit Blick auf laufende Aufträge wichtig, die relevanten Teile für die Testbearbeitung auszuwählen: von Dünnblech bis Dickblech, von spitz auf rund sowie verschiedene Materialien.
„Die Teile, die eine sehr hohe Qualität haben, fertigen wir für ein wichtiges B2B-Projekt. Die Effizienz sollte auf jeden Fall erhöht werden. Und der Kunde erwartet hier eine 100-Prozent-Performance, also keine Reklamationen. Eine im eigenen Haus entwickelte fotooptische Erkennung trägt dazu bei, das hohe geforderte Qualitäts- und Ablauf-Level umzusetzen“, fasst Luft die Anforderungen zusammen.
Alexander Bochtler, Gebietsverkaufsleiter bei Lissmac, erinnert sich: „Das Bauteil, um das es ging, wurde ursprünglich in vier bis teilweise fünf Schritten bearbeitet. Das Edelstahlteil sollte auf einer neuen Anlage mit hoher Qualität und kostengünstiger bearbeitet werden. Die Gratbildung sollte in einem Durchgang möglichst gleichmäßig entfernt werden und die Kante sollte zudem nicht nur leicht gebrochen, sondern richtig verrundet werden um eine Verletzungsgefahr bei der späteren Montage auszuschließen.“
Mit Blick auf die Optik und die Haptik, aber auch auf die Weiterverarbeitung sind diese Eckpunkte wichtig, denn beispielsweise beim Abkanten werden so Stempel und Matrize geschont.
Alexander Bochtler, der die Maschinen seines Unternehmens und die damit zu erreichenden Arbeitsergebnisse kennt, sagte nach einer Teilebegutachtung zu, den Bearbeitungsprozess auf nur einen Durchlauf zu reduzieren. Die anfängliche Skepsis des Kunden Sturm war erkennbar, dann jedoch schnell ausgeräumt, denn die Testbearbeitung der kritischen Bauteile überzeugte.
Mit der Lieferung der SBM-L, einer Anlage zum beidseitigen Entgraten und Kantenverrunden von Werkstücken bis 50 mm Blechstärke, war dann der Einstieg in eine verlässliche Partnerschaft gegeben. Die Trockenbearbeitungsanlage für gleichzeitiges Bearbeiten der Innen- und Außenkonturen erspart ein kostenintensives Wenden der Werkstücke beziehungsweise ein mehrmaliges Bearbeiten der Teile. Ausgeliefert und in Betrieb genommen wurde die neue Technik im Oktober 2019. Der erste Auftrag, die Bearbeitung der kritischen Edelstahl-Teile, konnte problemlos realisiert werden. „Das A und O in einer solchen Zusammenarbeit ist, dass die versprochenen Ergebnisse auch eingehalten werden“, bringt es Alexander Luft auf den Punkt.
Autorin: Annedore Bose-Munde